Reisebericht

Wochenetappen und Erlebniseinträge: (Streckenangaben in Fluss-Kilometer)

Woche 1: Die Warnow – Route; Pilgerkloster Tempzin – Rostock

● Reisevorbereitungen (noch in Hattingen)

Pilger – Dialog – Tagebuch

(2 Ruhrpottler auf Pilgerreise im wunderschönen Warnow – Gebiet von Meck.-Pomm.)

– ein Stadt-Snob (Micha) – gebürtiger Dortmunder – vom Schlag eines echten Ruhrpott’lers (MI)
– und ein Natur-Freak (Matthias) kontemplativer Christ (MA)

(Beide befinden sich noch im Wohnort, in Hattingen an der Ruhr. Micha legt los):

(MI): O.k.: Wir fangen mit den zwei Tagen vor Beginn der Reise an.

Es ist Freitag der 14. August 2015. Schon um 11 Uhr aufgestanden.

Gegen 14 Uhr treffe ich mich mit Matthias. Der Plan – erst die Kamera (Eine Go-Pro) von einem Freund abholen, dann Gaskartusche für den Gasbrenner (Campingkocher) in Essen bei ‚Decathlon‘ holen.

Das war der Plan.

Im „Decathlon“ angekommen, kommt das nächste Problem. Als wir vor dem richtigen Ladenregal standen sahen wir, dass der blöde, 10 Jahre alte Gasbrenner (von Matthias) ein anderes Anschlussventil für die Gaskartuschen hat, als die Kartuschen, die sie jetzt haben. Der Wunschgedanke „Einmal mit Profis in einem Laden reden …“  geht mir durch den Kopf. Nachdem wir von einem Verkäufer bedient werden, der zumindest zu gibt, dass er nicht weiß, ob die Gaskartusche auf den Brenner passt, haben wir eine Lösung erarbeitet.

Anstelle die Kartusche, deren Plastikverschluss, im Laden zu prüfen. Kaufen wir diese. Nach der Kasse können wir das Ganze prüfen und sie dann wieder gegebenenfalls umtauschen. Die Logik erschließt sich nicht gleich. Dazu muss man erst einige Jahre im öffentlichen Dienst gewesen sein um dieses komplexe Gebilde verstehen zu können…
Gut, wir zur Kasse, danach zum Tresen um sie zu testen … Sollte passen meine ich und wir haben den ersten Teil unserer Mission erfüllt.

Jetzt will ich einen Kaffee. Den bekomme ich auch. Da wir gesellig sind und vor dem, von mir anvisierten Bäckerladen, kein Tisch mehr frei ist, müssen wir uns zu anderen an den Tisch setzten. Auch diese Aktion läuft erfreulich gut. Am Tisch machen wir die Bekanntschaft mit einem wohlhabenden Kunstmaler, der seinen Ruhestand genießt. Ein sehr interessantes Gespräch ergibt sich. Toll, was man im Pott nicht alles für Leute trifft …

Nächste Mission: Nach Dortmund, Tupper-Dosen für Lebensmittel besorgen. Und wo? Na bei Mutti  – die hat da mehr als sie braucht.

Wirtschaftshaus des Pilgerklosters Tempzin

Wirtschaftshaus des Pilgerklosters Tempzin

Vor Mutti noch eben wacker beim „Janni“ rum (bekanntes, griech. Restautant) – Gyros tanken. Unser Matthias ist gelernter Koch und Lebensmittelingenieur, der muss das probieren. Auch dieses meistern wir mit Bravur. Dann bei Mutti die Dosen eingeladen und wieder nach Essen. Kamera (- die GoPro -)bei Freund Arne besorgen…..
Nach Armes Espresso geht es weiter nach Hause.

(MA):  Wir haben`s ja erst 0.30 Uhr …

Auf der Rückfahrt nach Hause hat`s dann ordentlich gewittert. Genau während dessen fiel mir ein, dass ich bei mir das Küchenfenster sperrangelweit offen gelassen hatte … vor`m Start mit `Pilgern auf Wasserwegen`  –  Matthes‘s Wohnung unter Wasser– wenn das nicht passt … Na so ca. 3 l. Regenwasser konnte ich dann direkt vom Fußboden generieren …

Auf der Fahrt zum Pilgerkloster Tempzin (über Lübeck 532 km)

Samstag 15. August, 10.00 Uhr:

(MI): sind wir endlich auf der Piste und es rollt bis hinter Hamburg. Alles nach Plan. Dann auf einmal Stau.

(MA): Und ich im Druck, dass wir nur noch wenig Tageslicht haben, um den Faltboot – Zweier (`n richtig gutes, altes Stück von „Poucher“) aufzubauen  – krampfhafte Gedankensuche nach logistischen Alternativen, wegen einen Tag länger im Kloster bleiben.  Denn bei allen folgenden Pilgerherbergen waren wir ja zum jeweiligen vorangekündigten Ankunftstag angemeldet. ..(!)

(MI): Aus drei Spuren wird eine. Super! Unsere Ankunftszeit von geplanten 15.00 h, ist mehr als in Frage gestellt. 3 Stunden später rollt es wieder. Geschafft, die A20 gehört uns.
In Lübeck noch eben die von mir bestellte Schwimmweste einpacken, die für mich reserviert war.

Next Stopp Pilger – Kloster Tempzin. Mir schwant langsam, dass das Pilgern echt eine Herausforderung wird. .. Und dann hat Matthias noch was von sehr spartanisch, eingerichteten Pilgerunterkünften erzählt …(!)

Ankommen im Pilgerkloster Tempzin

(MA): So da sind wir – Pilgerkloster Tempzin.

Die Klostervorsteherin, Frau Doris Mertke, hieß uns sehr herzlich willkommen. Zeigte uns die Räumlichkeiten des Klosters, unsere Zimmer und stellte uns im Verwaltungsgebäude die Pilgerausweise aus – sehr wichtig.

(MI). Das Kloster hat einen Riesen-Kirchenbau. Gotisch glaub‘ ich.

(MA): Stimmt.

Klostervorsteherin Frau Doris Mertke

Klostervorsteherin Frau Doris Mertke und der gute Geist hier


 

Klosterkirche des Antoniten - Ordens

Pilgerkloster-Tempzin-Außenansicht

Pilgerkloster Tempzin Außenansicht im Herbst

Pilgerkloster-Tempzin-Außenansich-Kirchenportal

Pilgerkloster Tempzin Außenansicht Kirchenportal

Pilgerkloster-Tempzin-Kirchenschiff

Pilgerkloster Tempzin Kirchenschiff


 

(MA): für den kleinen Ort – n‘ richtig imposantes Teil – die Kirche …

(MI): Sieht sehr imposant aus. Gerade da dieses Teil schon echt alt ist. Daneben steht ein sogenanntes „Warm-Haus“ (siehe Wikipedia). Welches zu medizinischen Zwecken gebaut wurde. Dieses ist noch in der Restaurierung, aber schon bewohnbar. Mit Liebe zu Detail wurde hier angefangen. Denke wenn das fertig ist, wird es ein Juwel sein. Daneben steht das Wirtschaftshaus. Das Ganze wird von Frau Doris Mertke am Laufenden gehalten.

(MA): Hauswirtschafterin und Klosterchefin in Einem.

(MI): Als Einzelkämpferin hat die gute Dame echt was geschafft.

(MA): Und dann ist sie auch noch nett und kümmert sich liebevoll um die Pilger. –

(MI): Das Ganze macht einen echt guten Eindruck.

(MA): Das „Warmhaus“ mit Pilgerunterkünften: `Ne Menge Arbeit, aber wieder richtig gut hinbekommen…

(MI): Geschlafen wird im „Warm-Haus“ im ersten Stock. Ikea – Chick ohne Bettwäsche, den diese kostet extra. Man kann jetzt über Hygiene diskutieren, aber das machen wir hier nicht.

(MA):  Weil – wir sind ja auf `ner Pilgerreise und da soll man ja möglichst den ganzen Ballast unserer überfluteten Zivilisation abwerfen …

(MI): Der Bau macht einen guten Eindruck. Und sauber ist es auch. Daher alles gut. Duschen sind im unisex, in den vielen Gängen- Wirrwarr… Auf dem Flur.

(MA): Guck ma‘, das musste so sehn: Vor ungefähr 800 Jahren `ne, als die Anoniter-Mönche das Teil hier gebaut hatten, da gab es überhaupt noch keine Duschen. Aber eins muss man den Jungs damals lassen: Die haben um die Hausmauer des Warmhauses mit`n bisschen Abstand, noch eine Hausmauer gebaut, damit die zwischen den Mauern Feuer machen konnten, und so hatten`s die kranken Menschen wenigstens im Winter warm.


 

Warmhaus (Präzeptoreigebäude) des Antoniten - Ordens in Tempzin

Warmhaus-Front

Tempziner Warmhaus Front

Warmhaus-Seite

Tempziner Warmhaus Seite

Pilgerunterkunft im Pilgerkloster

Pilgerunterkunft im Pilgerkloster

Pilgerherberge Tempzin e.V.
An der Klosterkirche 4

T: 038 483/ 28 329
AP: Frau Mertke


 

(MI): Jetzt mal zum Boot. Es ist ein RZ 85 Doppelsitzer, genau ein Faltboot-Kajak. Faltboote bestehen aus einem zusammensetzbaren Holzgerippe über das eine Stoff-PVC-Haut gezogen wird. Im ersten Moment muss ich gestehen, sah ich mich schon wieder auf der Autobahn.

(MA): Na, wer wird denn das Paddel gleich ins Boot schmeißen. Guck ma‘, was auf dem Segelmast-Schaft eingeprägt ist, ne Produktionsseriennummer aus dem Jahr 1978 von der Firma Pouch. Was für `n toller Oldtimer ?!

(Hier muss man erwähnen, dass ich das Prachtstück erst vor einigen Wochen gekauft hatte, und die Verkäufer – wohnen in Schwerin – so nett war`n, und mir das Boot zum Kloster transportiert hatten. Ich hatte das Faltboot vom Foto her, sozusagen im Sack gekauft, ohne es vorher einmal in natura gesehen zu haben …)

(MI): Nach guten zwei Stunden massig Flucherei meinerseits, war der Kahn fertig. Jetzt haben wir es geschafft.

(MA):  Alles gut. Schau ma‘, wie schön es aussieht! Die dicke Elefanten-Bootshaut ist in der Tat makellos. Nähte und Baumwoll-Oberschiff auch – noch`n richtig strahlendes Blau. Das Gerüst war, abgesehen von einer Macke im Bug-Steven und einer leichten Verbiegung des Heckbeschlages o.k., Segelanlage und Spritzdecke inklusive. –

(MI): Vor dem Bootsaufbau haben wir noch die Einsetzstelle – den „Brüeler Bach“ den Zufluss zur Warnow  – begutachtet. – Urwald mit Bach in der Mitte – beschreibt das Ganze ganz gut. Sehr interessant…. Gut das ich eine Machete habe, ging mir durch den Kopf.

(MA): Mir auch.

(MI): In einem langen Gespräch sowie einer weiteren Begutachtung der Einsatzstelle sind wir zähneknirschend zu dem Entschluss gekommen… Boot wieder Abbauen – morgen zur nächst möglichen Einsatzstelle.

(MA): Und die is‘ im 8 km entfernten Weitendorf, in der Nähe wo der Brüeler Bach in die Warnow mündet.

(MI): Mit einer Plastikwanne ginge es vielleicht, auf dem Brüeler Bach entlang zu rutschen, aber mit einem 40 Jahre alten Faltboot – lieber nicht.

(MA):  Hast recht, das ist kein Zufluss zur Warnow. Das ist ein Zuwuchs. Und der Wasserpegel ist  echt zu niedrig. Man könnte höchstens das Flussbett mit dem Heckruder pflügen – aber mehr auch nicht. Aber wie war das: Erstens kommt es anders und zweitens … Willkommen in der Natur …

(MI): Also legten wir uns zu Ruhe. Morgen klingelt der Wecker um 8 Uhr…

(MA): Gute Zeit. Heute war viel los, und ich bin auch echt kaputt. Ärgere mich aber trotzdem noch, dass wir nicht ab dem Pilgerkloster starten können. Aber was soll’s.


 

Faltboot-Kajak RZ 85 Doppelsitzer

RZ85 Faltboot Bordwände und Paddel

RZ85 Faltboot Bordwände und Paddel

RZ85 Faltboot Innenansicht

RZ85 Faltboot Innenansicht

RZ85 Faltboot Einzelteile

RZ85 Faltboot Einzelteile

RZ85 Faltboot mit Pouch Aufdruck

RZ85 Faltboot mit Pouch Aufdruck

RZ85 Faltboot Gerüst

RZ85 Faltboot Gerüst

RZ85 Faltboot - Matthias in Action

RZ85 Faltboot – Matthias in Action


 

Nächste Woche gibts mehr…!